II.19.2 Waffen in Kinderhänden – Rüstungsexporte und das Leid von Kindern

„Das G3 ist eine sehr beliebte Waffe. Du kannst es vergraben, draufschlagen, es schütteln – es funktioniert immer noch. Die Leute bevorzugen die deutschen Waffen, denn sie zerstören mehr“, so der ehemalige Kindersoldat aus Sierra Leone, Ismael Beah, der heute UN-Botschafter und Friedensaktivist ist. Es ist ein Fakt, dass Kinder in vielen Kriegsgebieten mit deutschen Waffen kämpfen müssen und mit deutschen Waffen getötet werden, sei es in vielen Staaten des Nahen Ostens, in Afrika (z.B. in Somalia und im Sudan), Lateinamerika (z.B. in Kolumbien) oder in Asien (z.B. in Indien, Pakistan und Myanmar).

Viele Kriege sind in den letzten Jahren eskaliert, noch nie waren so viele Menschen, darunter viele Kinder, seit dem Zweiten Weltkrieg auf der Flucht vor Kriegen wie 2015. In mindestens 23 Ländern weltweit werden gemäß Angaben der Kinder als Soldaten ausgebeutet (nach UN-Angaben), in vielen mehr werden sie in bewaffneten Konflikten vertrieben, getötet, verstümmelt und sexuell missbraucht. Ein Grund dafür ist die Überflutung vieler Krisengebiete mit Waffen, insbesondere mit Kleinwaffen.

Sogenannte Kleinwaffen – Sturmgewehre, Maschinengewehre, Pistolen – werden immer leichter und sind „kinderleicht“ zu bedienen – sie werden in vielen Konfliktgebieten der Welt auch von Kindern eingesetzt. Zudem sind diese Kleinwaffen für den Großteil der zivilen Opfer, vor allem Kinder und Frauen, in bewaffneten Konflikten verantwortlich, schätzungsweise für 90 Prozent. Sie werden deshalb auch die „Massenvernichtungswaffen des 21. Jahrhunderts“ genannt. Eine Kalaschnikow, das häufigste Sturmgewehr, ist vor Ort oft schon für 25 Euro zu haben, das deutsche G3 ist etwas teurer.

Es ist nach der Kalaschnikow das am meisten verbreitete Sturmgewehr der Welt, das in über 80 Länder legal mit Genehmigung der Bundesregierung und in weitere illegal geliefert wurde. In mindestens 15 Ländern wurden sogar G3-Fertigungsanlagen aufgebaut, darunter Länder wie Kolumbien, Mexiko, Türkei, Pakistan, Iran, Burma oder Saudi-Arabien, die viele weitere Länder damit belieferten (legal und illegal). Auch das moderne und noch tödlichere Nachfolgegewehr des G3, das G36, wurde schon in zahlreiche Länder exportiert, wie beispielsweise nach Nordirak, ebenso wie G36-Fertigungsanlagen, beispielsweise nach Saudi-Arabien.

Saudi-Arabien hat 2015 illegal kistenweise G3 an verbündete Milizen im Jemen geliefert, wo gerade ein blutiger Krieg tobt, in dem nach Schätzungen von UNICEF ein Drittel der Kämpfer Minderjährige sind – also Kindersoldaten. Dennoch erhält Saudi-Arabien weiter deutsche Waffen und war auch 2015 unter den Top Ten der Empfängerländer deutscher Rüstungsprodukte, wie seit vielen Jahren.

Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat Deutschland 2014 empfohlen: „ […] per Gesetz den Verkauf von Waffen zu verbieten, wenn die Gefahr besteht, dass der endgültige Bestimmungsort ein Land ist, in dem Kinder (möglicherweise) für Kampfhandlungen rekrutiert werden.“ Deutschland hat als Kleinwaffenexporteur Nr. 2 der Welt und Rüstungsgüterexporteur Nr. 4 eine große Verantwortung, gerade auch für die Kinder in Kriegsgebieten. Es sollte sich für den Schutz dieser Kinder einsetzen, statt weiter massenweise Waffen zu exportieren.

Ralf Willinger
Ralf Willinger
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Ralf Willinger

arbeitet bei terre des hommes Deutschland e.V als Referent für Anwaltschaftsarbeit zum Thema Kinder in gewaltsamen Konflikten.