Box 3 — Wettlauf gegen die Zeit – Ahoi Kohleausstieg!

Von Anna Schüler

Am 7. Juni setzte die Bundesregierung die sogenannte Kohlekommission ein, ein Gremium, das für Deutschland den Ausstieg aus der Kohle skizzieren und Vorschläge für den Strukturwandel und seine Umsetzung in den betroffenen Regionen liefern soll. Der Ausstieg aus dieser klimaschädlichsten Art, Strom und Wärme zu erzeugen, gilt seit langem als einer der zentralen Schritte hin zu einer global gerechten Klimaschutzpolitik und der sogenannten Energiewende. Wir brauchen dringend einen gerechten Beitrag derjenigen Staaten und Regionen, die am stärksten für die gegenwärtige Klimakrise verantwortlich sind und waren. Ohne eine global gedachte, gerechte Klima- und Ressourcenpolitik sprengen wir die planetaren Grenzen.

Klar ist jedoch auch, dass der Kohleausstieg für Deutschland zu langsam bzw. zu spät kommen könnte: Um die Pariser Klimaziele bis 2020, also eine CO2-Reduktion um 40 Prozent, zu erreichen, müssten große Kohle-Kapazitäten bis dahin abgeschaltet werden. Ein bundesweiter Kohleausstieg müsste bereits 2025 erfolgen. Doch bislang halten vor allem Kohlekonzerne, Investoren und die Tagebauregionen eisern an der Kohle fest und verweigern ein beherztes und dringend notwendiges Agieren in Richtung Klimaschutz.

In Berlin ist man einen kleinen Schritt weiter: Der Rot-Rot-Grüne Senat hat sich zu einem Kohleausstieg „bis spätestens 2030“ verpflichtet. Bis dahin müssen also die verbleibenden Steinkohlekraftwerke in der Stadt abgeschaltet und ihre Kapazitäten ersetzt werden. Gleichzeitig müssen die Erneuerbaren für die Dekarbonisierung der Strom- und Wärmeerzeugung weiter ausgebaut werden – schließlich will Berlin bis 2050 CO2-neutral sein. So weit, so gut. Doch auch im vermeintlich fortschrittlichen Berlin käme ein Kohleausstieg im Jahr 2030 für den Planeten viel zu spät.

Natürlich ist die für Berlin verbindliche Festschreibung des Ausstiegs aus der Kohle positiv. Dennoch braucht es, wie in den betroffenen Regionen oder in der Bundespolitik, auch hier starke Stimmen, die Politik und Energieversorger immer wieder auf zügiges Handeln hinweisen. Eine dieser Stimmen ist das Bündnis Kohleausstieg Berlin. Die aktiven Klima-, Umwelt- und Divestmentgruppen sind bei uns engagiert.

Wir vernetzen uns vor allem lokal, aktivieren die Stadtgesellschaft und versuchen, Druck auf Politik und Energieversorger auszuüben. Dabei ziehen wir rote Linien und Menschenketten vor den Kohlekraftwerken in der Stadt, organisieren gemeinsam mit dem Floßkollektiven einmal im Jahr eine große Bootsdemo auf der Spree vor einem der Kraftwerke und sorgen dafür, dass sich die Stadtbewohner*innen lokal direkt gegen die Feinstaub- und Stickstoffschleudern in ihren Kiezen engagieren. Denn die lokale Kohleverbrennung birgt weitaus größere Gefahren für die Gesundheit der Menschen als bislang angenommen.

Außerdem weisen wir die Berliner Politik immer wieder darauf hin, dass sie ambitionierter sein und das Gemeinwohl nicht wirtschaftlichen Partikularinteressen unterordnen darf. Natürlich wurzelt unser lokales Handeln auch in der Überzeugung, dass die Klimakrise als globales Thema gedacht werden muss. Die Kohlenutzung hat direkte Auswirkungen auf die Lebensgrundlagen der Menschen innerhalb Deutschlands und Europas, v.a. aber außerhalb unseres Kontinents und im globalen Süden. Zudem darf der Abbau der Kohle, wie zum Beispiel in Russland, nicht mit Menschenrechtsverletzungen und Repression einhergehen. Deshalb verknüpfen wir unseren lokalen Einsatz gegen die Kohle im Kiez mit den Kämpfen der betroffenen Menschen weltweit und in den Abbauländern.

Weitere Informationen und Kontakt unter
info@kohleausstieg-berlin.de

twitter.com/kohleausstieg_b
facebook.com/kohleausstiegberlin

Anna Schüler
Anna Schüler
Name

Anna Schüler

Anna Schüler ist Fachpromoterin für Klimaund Ressourcengerechtigkeit bei PowerShift e.V.