Box 2 — Der Weg zum Loi de Vigilance

Ein Interview mit Yves Prigent

Wie kam es, dass Frankreich ein Gesetz zur Unternehmenshaftung verabschiedet hat?

Wir waren eine sehr ambitionierte und engagierte Gruppe von Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften, die von Anfang bis Ende, also von 2013, als der erste Gesetzentwurf präsentiert worden ist, bis zur Verabschiedung des Gesetzes im März 2017, immer die gleichen Ziele geteilt haben.

Hinzu kommen äußere Entwicklungen, die unsere Arbeit positiv verstärkt haben: Wir haben alle bereits seit Jahren zu verbindlicher Unternehmensverantwortung gearbeitet, aber erst die 1.134 Toten beim Einsturz der Fabrik Rana Plaza im April 2013 haben tragischerweise die notwendige öffentliche Wahrnehmung für das Thema geschaffen und Türen innerhalb der Politik geöffnet, die bisher verschlossen waren. Zentral war zudem, dass sich einige engagierte Abgeordnete aus den Regierungsparteien über die Jahre kontinuierlich für den Gesetzentwurf eingesetzt haben, während wir von 2012 bis 2017 eine sozialistische Regierung in Frankreich hatten. Und obwohl die Regierung den Gesetzentwurf in der ganzen Zeit nicht unterstützte, haben wir es geschafft, in den entscheidenden letzten Monaten vor den Wahlen doch noch die Unterstützung einiger Regierungsmitglieder zu gewinnen, die wussten, dass sie nicht wiedergewählt werden würden. Zudem verließen einige Regierungsmitglieder die Regierung, so dass ein politisches Zeitfenster entstand, in dem das Gesetz verabschiedet werden konnte.

Und wenn Sie fragen, warum in Frankreich? Dann hat sicher sehr geholfen, dass die öffentliche Meinung in Frankreich es richtig findet, dass Rahmensetzungen – die auch Gesetze enthalten können – von der Regierung aufgesetzt werden und nicht durch einen Konsens mit Unternehmen.

Wie bewerten Sie mit etwas Abstand das Gesetz und die Umsetzung?

Obwohl wir mit weitergehenden Rechenschaftsanforderungen an Unternehmen gestartet sind, schätzen wir das Gesetz und die positiven Auswirkungen, die es zum Beispiel für die internationale Debatte um gesetzliche Sorgfaltspflichten hat. 2018 ist das erste Jahr, in dem die betroffenen Unternehmen den Sorgfaltsplan veröffentlichen müssen, daher ist es noch zu früh, um Genaueres zu sagen. Für uns hat sich aber der Arbeitsfokus geändert. Wir setzen jetzt auf die höchsten Umsetzungsstandards, die das Gesetz erlaubt, und wir haben vor, dafür die Veröffentlichung der Sorgfaltspläne sowie ihre Umsetzung eng zu begleiten.

Yves Prigent
Yves Prigent
Name

Yves Prigent

Yves Prigent leitet das Programm Responsabilité des Etats et des Entreprises bei Amnesty International Frankreich.